Viele Unternehmen lenken immer noch ihren Fokus auf: „Es ist wichtig, dass unsere Mitarbeiter Work-life-Balance leben können“. In meinen Augen ist es ein Mythos, dass es so etwas gibt: Bitte sei gechillt in der Mittagspause. Mache Yoga, treffe nette Menschen. Aber danach: gehe bitte zurück in dein Kämmerlein und dann sei bitte wieder top produktiv. D.h. den Flow erst an- und dann ganz schnell wieder abstellen.
Die Wahrheit ist: Deine kreative Zeit, die du in deinem persönlichen „Flow“erlebst, wird selten von Unternehmen bezahlt. Denn wenn wir ehrlich sind, werden wir doch erst kreativ, wenn wir all die „to dos“ mal ruhen lassen. Mir erging es immer so: ich glaube an Achtsamkeit. Das tue ich wirklich. Und so war es mir ein innerer Drang, die Work-Life Balance wirklich hinzubekommen! Wenn ich aus dem Büro war - dann war Schluss! So sagte ich mir. Aber wie war es wirklich? Wenn ich zuhause im Garten in meiner Hollywoodschaukel ankam und die Nachmittags-Sonnenstrahlen an einem schönen Sommertag auf mich wirken ließ, dann dauerte es ca. 15 Minuten, bis es soweit war: Ich musste unbedingt ins Haus gehen und meinen Schreibblock holen. Denn während ich da so wippte, kamen mir wieder tausend Ideen. Pläne, neue Konzepte. Wenn ich meinen Lieblingsort gefunden hatte, dann war ich frei. Und dann war auch mein Gehirn frei. Und dann konnte ganz plötzlich etwas Neues entstehen. Mein Work-Life musste nicht getrennt werden, und das war auch gut so.
Aber was wäre gewesen, wenn ich Vorgesetzten verkündet hätte: ich komme wirklich nicht mehr so oft ins Büro, sondern arbeite bewusst NICHTS. Lieber Chef: Morgen genieße ich meinen Tag und lasse mich dafür bezahlen. Können das Menschen nachvollziehen, die busy busy sind? Im Übrigen war ich ganz genauso: sobald ich im Office war, war ich busy busy. Eine meiner Kolleginnen machte sich immer freundlich über mich lustig, weil sie kaum eine Person kannte, die dauerhaft so konzentriert bei der Sache war und nichts links und rechts mitbekam. Also - können solche Menschen, die das Office immer noch so ansehen als wäre es wichtig „sich oft dort blicken zu lassen“ verstehen, dass es besser für die Produktivität wäre, wenn ich plane, NICHTS zu tun? Wohl kaum. Und da verbirgt sich wieder der Trugschluss hinter dem Home Office. Home Office bedeutet doch wohl immer noch: zuhause ackern und möglichst wenig Pause machen. Aber das wird Unternehmen in der Zukunft nicht mehr zum Erfolg führen. Unternehmen werden nur noch attraktiv und erfolgreich sein, wenn sie Mitarbeiter haben, die absolut gar nicht mehr ins Office kommen müssen, wenn es denn nicht sein muss. Mitarbeiter, die nicht eingeengt werden, um produktiv zu sein. Viele Firmen heutzutage bieten unheimlich viel. Aber das mit der Freiheit und dass Produktivität direkt mit echter Freizeit zusammenhängt, das haben sie in meinen Augen noch nicht wirklich verstanden. Ich glaube Menschen werden in Zukunft nahe ihres Lieblingsortes oder auch außerhalb zu co-working spaces gehen, wo sie projektweise mit Menschen zusammenarbeiten, entweder live oder virtuell. Keine Jahrespläne. Keine festen Teams. Ich glaube und hoffe, dass es irgendwann nicht mehr nötig sein wird, dass wir alle Straßen verstopfen, weil wir alle denken wir müssten stundenlang pendeln, um „uns im Office zu zeigen“. Und für die, die das immer noch wollen, für die gibt es dann, wie Mario Herger* so schön seit Jahren predigt, die „Robo Taxis“. Unternehmen in der Zukunft brauchen Menschen, die dann Yoga machen, wenn es gut passt. Und nicht nur in der Mittagspause.
*Autor: Mario Herger: der letzte Führerscheinneuling